Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Dienstag, 17. Mai 2011

Das Snus-Verbot gefährdet ihre Gesundheit

Im Kampf gegen das Rauchen ist Schweden das erfolgreichste Land der EU. In keinem Land der EU wird weniger geraucht als in Schweden und nirgendwo sind tabakbedinkte Erkrankungen so selten wie in Schweden. Die schwedischen Männer haben vor einigen Jahren rauchfreien Tabak ("Snus") wiederentdeckt und sind seitdem eine Menge Probleme los. Die Frauen sind da zögerlicher und bleiben eher bei der Zigarette.

Das British Medical Journal schreibt: "Lungenkrebs und Herzinfarkte sind bei schwedischen Männern viel stärker zurückgegangen als bei schwedischen Frauen und sind im Vergleich mit anderen Ländern relativ selten. [...] Die Verfügbarkeit von Snus in Schweden scheint einer der Gründe für die ungewöhnlich niedrige Raucherquote der schwedischen Männer zu sein".

Man würde erwarten, dass die anti-Raucher Organisationen und andere Mitglieder der Vorbotsindustrie einheitlich "hurra" rufen. Man würde sich nicht wundern, wenn die EU alles daran setzte Snus auch in anderen europäischen Ländern einzuführen und beispielsweise die Mehrwertsteuer senken würde. Auf den Zigarettenschachteln könnte stehen "Snus ist viel ungefährlicher als Rauchen". Aber nichts von alleden passiert. Im Gegenteil.

Der Verkauf von Snus ist seit 1992 in der EU (Schweden ausgenommen) verboten.

Man kann der EU zugute halten, dass es 1992 vor allem um amerikanischen Oraltabak ging, der gegenüber schwedischem Snus einige zusätzliche Gesundsheitsrisiken birgt. Dennoch: auch amerikanischer "Dip" ist weniger schädlich als Rauchen.

Dass Snus  vollkommen ungefährlich ist behauptet niemand. Auch "mit Gurt fahren" ist nicht vollkommen ungefährlich, dennoch käme niemand auf die Idee Sicherheitsgurte zu verbieten, mit dem Hinweis, die Leute sollten doch öffentliche Verkehrsmittel benutzen und der Gurt würde letztlich nur den Umstieg auf öffentliche Verkehtsmittel verzögern. Niemand käme auf die Idee Sicherheitsgurte mit dem Hinweis: "Fahren mit Gurt ist keine sichere Alternative zum Fahren ohne Gurt" zu versehen.

Snus in der Öffentlichkeit
Anti-Tabak Organisationen sind keineswegs erfreut über Snus. Das ist erstaunlich, denn Snus verursacht keinen Krebs und schädigt niemanden durch Passivrauch. Das sind aber die beiden Hauptargumente der anti-Tabakorganisationen gegen das Rauchen. Warum, so fragt man sich, bestehen diese Organisationen darauf, dass lediglich Nikotinpflaster und Kaugummis probate Mittel sind, mit dem Rauchen aufzuhören? Haben wir es hier mit gezielter Desinformation zu tun?

Die Universität von Texas  ist in einer Studie der Frage nachgegangen in wie weit die Risiken von Snus im Internet übertrieben dargestellt werden. Sie kamen zu dem Schluss, dass "durch diese Web-Seiten  den Rauchern nahegelegt wird, sie könnten gerade so gut weiter rauchen, falls es ihnen besser gefällt. Rauchern und Richtlinienverantwortlichen wird suggeriert, dass es keine Chance für Schadensbegrenzung gibt. Diese Nachrichten sind offensichtlich falsch, wahrscheinlich gefährlich und verstoßen gegen ethische Normen".

Hier ist ein (englischer) Beitrag von CBS zum Thema Snus

Immerhin kommt in diesem Beitrag auch ein Wissenschaftler zu Wort, aber ihm wird eine  anti-Tabak Aktivistin gleichberechtigt gegenübergestellt, deren Argumentation sich auf einem völlig anderen Niveau bewegt.

Die Argumente gegen Snus
Kinder: Kinder könnten Snus nehmen. Es wird argumentiert, dass die Aufmachung insbesondere von amerikanischen "big tobacco" Snus-Sorten speziell Kinder ansprechen soll.

Krebs: Snus verursacht keinen Lungenkrebs. Es gibt möglicherweise ein leicht erhöhtes Risiko an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken. Das ist allerdings eine so seltene Form von Krebs, dass man 10% mehr Bauchspeicheldrüsenkrebs keinesfalls gegen 10% weniger Lungenkrebs aufrechnen kann. Und Rauchen verursacht immer noch mehr Bauchspeicheldrüsenkrebs als Snus. Auch Mundhöhlenkrebs wird von Snus nicht verursacht, obwohl das auf den ersten Blick plausibel erscheint.

Dual use:  Es besteht die Gefahr, dass Snus nicht etwa das Rauchen ersetzt, sondern als zusätzliches Risiko hinzukommt. Sprich: es reift eine Generation von Snusern heran, die Snus und Zigaretten konsumieren. Die Erfahrung aus Schweden lässt dies nicht gerade wahrscheinlich erscheinen, wenn auch der eine oder andere dual-user schon gesichtet wurde.

Die Tabakindustrie
Die Tabakindustrie würde sicher lieber Zigaretten verkaufen als Snus in den Mark einzuführen. Für Zigaretten stehen die Vertriebswege und die Werbekampagnen. Ein neues Produkt macht da erstmal Ärger. Aber Snus ist ein Produkt der Tabakindustrie. Auch die Großen, wie Reynolds und Philip Morris haben inzwischen ihre eigenen Snus Marken am Start.

Klar, der Tabakindustrie kann man nicht trauen, aber im Falle von Snus spielt die Verbostsindustrie das falschere Spiel. Sie profitiert von dem Misstrauen, dass den Tabakkonzernen entgegengebracht wird. Jeder glaubt instinktiv, dass das Snus-Verbot auf dem Mist der Tabakindustrie gewachsen ist. Es ist aber bestenfalls eine Gemeinschaftsproduktion zwischen der Verbotsindustrie und der Tabakindustrie. Die Verbotsindustrie hat hier aber mehr zu verlieren.

Nichts schreckt sie mehr als eine Welt, in der niemand mehr raucht. Keine Tabaksteuereinnahmen mehr, ein großer Teil ihre Existenzberechtigung schwände dahin. Klar, auch die Verbotsindustrie kann andere Produkte vermarkten. Aber bis sie z.B. den Kampf gegen Fettleibigkeit so populär gemacht hat wie den Kampf gegen das Rauchen können viele Jahre vergehen. Darauf ist sie nicht scharf.

Anti-Raucher Organisationen bekämpfen auch die e-Zigarette. Die Situation ist hier ähnlich: die Leute hören auf Zigaretten zu rauchen und die Gefahren sind relativ gering. Dennoch wird davon abgraten, und die Produkte der Pharmaindustrie werden als einzig akzeptablen Ausweg befürwortet. Aber das ist eine andere Geschichte.

Schwarzmarkt
Bis Anfang 2011 konnte man Snus in der EU immerhin per Internet aus Schweden bestellen. Jetzt geht auch das nicht mehr und die europäischen Snuser fangen wieder an zu Rauchen. Der Schwarzmarkt für Snus ist noch nicht entwickelt, der Markt ist nicht sehr groß und mit Zigarettenschmuggel lässt sich viel mehr verdienen, zumal die periodisch verhängten Steuererhöhungen den Zigarettenschmugglern immer mehr Kunden in die Arme treiben.

Im Gegensatz zu Zigarettenschmugglern könnten Snus-Schmuggler allerdings von sich behaupten etwas für die Gesundheit der Bevölkerung zu tun. Wenn etwas zivilen Ungehorsam rechtfertigt oder gar erforderlich macht, dann das Snus-Verbot in der EU.

Vielleicht werden sich ja die Koks-Dealer in Zukunft ein kleines Zubrot mit Snus verdienen können. Logisch wäre das, denn ihr Konkurrent, die Pharmaindustrie vertreibt ja neben allerlei Glücklichmachern ebenfalls Nikotin.

Lediglich in Finnland gibt es zur Zeit einen entwickelten Schwarzmarkt für Snus.

Die Tabakrichtlinie
Die Tabakrichtlinie der EU, in der das Snus-Verbot seinerzeit festgeschrieben wurde, wird gerade überarbeitet. Die schwedische Regierung drängt derzeit die EU, den Verkauf von Snus in der EU freizugeben. Es gäbe "kein Argument, durch das sich das Snus-Verbot begründen ließe" sagt der Schwedische Minister für Gesundheit und Soziales Göran Hägglund.

Die Chancen für eine Aufhebung des Verbots stehen allerdings schlecht. Die Verbotsindustrie ist derzeit  mächtiger denn je. Ob sich die EU-Legislative in Zukunft einzig von gesundem Menschenverstand und Logik leiten lässt  wird sich zeigen.

Es besteht jedoch wenig Zweifel daran, dass die derzeit gültige Tabakrichtlinie der Volksgesundheit mehr schadet als nützt. Man kann davon ausgehen, dass das Snus Verbot andere Gründe hat als den Schutz der Gesundheit. Sollte das Snus-Verbot fortbestehen, sollte man auf der Tabakrichtline einen Warnhinweis anbringen.





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Samstag, 14. Mai 2011

Gemeinnützig mit einem Hintergedanken

Die Verbotsindustrie bezieht ihre Einnahmen zum Teil direkt vom Staat. Sie gründet dafür gemeinnützige Organisationen. Zumindest für England  gibt es eine Web-Seite, die solche Organisationen enttarnt.

Die Web-Seite Fake Charities listet Organisationen, die mehr als 10% ihrer Einkünfte oder mehr als eine Million Pfund vom Britischen Staat beziehen und die gleichzeitig Lobbyarbeit leisten. Die Lobbyarbeit kann daraus bestehen, neue Richtlinien durchzusetzen, Gesetze zu ändern oder ihre eigene Finanzierung zu verbessern.

Einige dieser Organisationen unternehmen große Anstrengunen unsere Freiheiten zu beschränken und nicht alle legen ihre Finanzierung offen.

Es spricht nichts dagegen, wenn sich Interessensgruppen bilden, die versuchen ihre Intererssen durchzusetzen, solange sie von von den Leuten finanziert werden, dessen Interessen sie vertreten. Wenn die Finanzierung aber über den Staat erfolgt bekommt das ganze ein "Geschmäckle".

Fake Charities listet auch einige echte gemeinnützige Organisationen. Bei den anderen fällt auf, dass sie sich häufig mit typischen Gutmenschen-Themen befassen, allen voran das Thema Gesundheit und immer wieder Krebs. Actions on Smoking and Health (ASH) bekam auch einen "fake" Stempel aufgedrückt.

Für Deutschland habe ich eine vergleichbare Seite noch nicht gefunden.

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Dienstag, 10. Mai 2011

Rauchen belastet das Gesundheitssystem - nicht

Nicht nur die Pharmaindustrie und die anti-Tabak Organisationen haben ein Interesse daran, dass Raucher weiter Raucher bleiben, auch die Finanzminister können auf die Tabaksteuer nur schwer verzichten.

Dass Raucher das Gesundheitssystem belasten wird häufig behauptet. Andere sagen, dass sie das Gesundheitssystem eher finanzieren als ihm zu schaden. Schauen wir uns die Zahlen einmal an:

Rauchen fügt der EU jährlich Schaden in Höhe von 2,46 Milliarden Euro zu. Darin enthalten sind die Kosten für die Behandlung von erkrankten Rauchern und Nichrauchern sowie die Kosten für verlorengegangene Produktivität von erkrankten Rauchen und Nichtrauchern. Dem stehen aber Steuereinnahmen in Höhe 73,76 Millarden Euro gegenüber.

Passivrauchen, als Ursache für tabakbedingte Erkrankungen von Nichtauchern ist ein höchst umstrittenes Risko (es gibt einfach viel zu viele unseriöse Studien dazu). Ich persönlich glaube, dass die Kosten für die Behandlung von Nichtrauchern nicht wirklich anfallen, da Nichtraucher nicht unter tabakbedingten Erkrankungen leiden. Das macht die Rechnung aber nur noch extremer: die EU braucht Raucher.

In Schweden ist durch die zunehmende Verbeitung von Snus der Anteil der Raucher deutlich gesunken und ist derzeit niedriger als irgendwo sonst in der EU. Würde die gesamte EU diesem Beispiel folgen, so könnte die EU jährlich über eine Milliarde Euro sparen, die derzeit für die Folgen des Rauchens ausgegeben werden. Da Snus (derzeit) niedriger besteuert wird als Zigaretten, würden aber Steuereinnahmen in Höhe von 18 Milliarden Euro wegfallen.

Verschiedene Mitgliedsstaaten der EU sind sehr unterschiedlich von der Tabaksteuer abhängig. Schweden könnte auf Tabaksteuer leicht verzichten - und macht es seinen Bürgern leicht mit dem Rauchen aufzuhören. Erfreulich ist, dass Deutschland hier gar nicht so schlecht darsteht. Das extrem raucherfeindliche Irland ist dagegen stark von der Tabaksteuer abhängig. Spitzenreiter ist aber Griechenland.




Die Nikotinimpfung kommt

Die regierungsnahe Gruppierung Socidrogalcohol berichtet, dass Raucher ab 2012 eine anti-Nikotinimpfung erhalten können.

Die Impfung verwendet "vergnügungshemmende" Substanzen, die dafür sorgen, dass  Raucher beim Konsum von Nikotin keine angehemen Empfindungen mehr haben. Hätte mir vor 10 Jahren jemand gesagt, dass eine Droge auf den Markt kommen wird, die Vergnügen verhindert - ich hätte es nicht geglaubt.

Die Zeichen mehren sich, dass sich die Pharmaindustrie nicht nur um Raucher verdient machen will, sondern auch an ihnen verdienen will. Es ist auch nicht uninteressant sich einmal anzuschauen wen Pfizer so alles unterstützt. Allerdings sind die Summen nicht gerade astronomisch - gerade mal $25.000 für ASH (Actions on Smoking and Health).




Sonntag, 8. Mai 2011

Freie Rede, freie Pornos

Die kostenlose Porno-Seite redtube wurde kürzlich verklagt, weil sie kommerziellen Pornoseiten das Geschäft kaputtmacht. Redtube bekam Recht.

In den USA ist es nicht ganz einfach jemanden zum Schweigen zu bringen, zumindest helfen einem die Gerichte dabei nicht. So wurde in diesem Fall Redtube das Recht zugestanden weiterhin "Informationen zu verbreiten, die von öffentlichem Interesse sind". Die Klägerin hatte Redtube unlauteren Wettbewerb vorgeworfen, kam damit aber nicht durch.

Dass hier das Recht auf freie Rede dafür sorgte, dass eine Pornoseite am Netz bleiben konnte finde ich bemerkenswert und erfreulich. Ich dachte, wer etwas unanständiges tut, verwirkt automatisch seine Bürgerrechte, gerade im puritanischen Amerika.


Donnerstag, 5. Mai 2011

Die Verbotsindustrie

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ist ein Industriezweig entstanden, der es durchaus mit Big-Pharma und Big-Tobacco aufnehmen kann. Er betreibt aggressive Werbung, arbeitet multi-nationational aber er stellt nichts Sinnvolles her. Er kann sich ungehemmt ausbreiten, weil er das Immunsystem der Informationsgesellschaft angreift. Die Rede ist von der Verbotsindustrie.

Die Produkte
Firmen der Verbotsindustrie sind selten börsennotierte Unternehmen und sie nehmen nicht an Tariverhandungen teil. In vielerlei Hinsicht ähneln sie der Verwaltung, insbesondere in ihrem Bestreben vor allem zu wachsen. Im Gegensatz zur Verwaltung agiert die Verbotsindustrie aber auf dem Markt. Die kämpft um Marktanteilen, Budgets und öffentliche Aufmerksamkeit. Verwaltung ist nur lästig. die Verbotsindustrie ist aber gefährlich.

Die Verbotsindustrie beschert und Problembewusstsein, gesellschaftliche Spaltung, Studien und natürlich Verbote. Verbote selbst sind aber keine Einnahmequelle dieser Industrie. Sie verdient nichts an Verboten. Sie verdient and dem Prozess, der (möglicherweise) zu Verboten führt.

Das eigentliche Produkt der Verbotsindustrie sind Medienviren.

Problembewusstein
Zu Beginn des 20ten Jahrhundets war Absinth eine beliebte Droge. Es formierten sich jedoch die Absinthgegner und behaupteten
Absinth macht kriminell, führt zu Wahnsinn, Epilepsie und Tuberkulose und ist verantwortlich für den Tod tausender Franzosen. Aus dem Mann macht Absinth ein wildes Biest, aus Frauen Märtyrerinnen und aus Kindern Debile, er ruiniert und zerstört Familien und bedroht die Zukunft dieses Landes
Nach einem (!) spektakulären Mord durch einen Alkoholiker, bei dem der Mörder neben einer Menge Wein auch zwei Gläser Absinth getrunken hatte, wurde Absinth in Belgien verboten, später auch in der Schweiz und anderen Ländern der heutigen EU.  Das Problembewusstsein war geschaffen und die Öffentlichkeit alarmiert.

Inzwischen ist das Absinthverbot weitgehend aufgehoben, Heutzutage schert sich niemand mehr um Absinth. Aber die Sucht nach Problembewusstsein ist ungebochen. Der Gedanke, dass die eigene Misere durch jemand außenstehnenden verursacht sein könnte ist einfach zu verführerisch. Um Problembewusstsein hervorzurufen braucht es einen starken Gegner, wie die Absinthindustrie, oder heutzutage die Atomindustrie, die Tabakindustrie, die Pharmaindustrie oder die Zuckerindustrie.

In der Regel koaliert die Verbotsindustrie aber mit mindestens einer anderen Industrie, da sie selbst ja gar  nichts Sinnvolles herstellt. Im Falle von Absinth waren das die Weinbauern, als Verbündeter gegen die Atomindustrie taugen die Hersteller von grüner Energie, gegen die Tabakindustrie hilft die Pharmaindusttrie, gegen die Zuckerindustrie die Bio-Industrie.

Überzeugungstäter
Ein neuer Zweig der Verbotsindustrie wird in der Regel durch Überzeugungstäter vorbereitet. Diese glauben tatsächlich an ihre Mission, arbeiten unentgeltlich und sind manchmal bei klarem Verstand. Alleine mit solchen Leuten kann man aber keine multi-nationale Industrie aufbauen, sie bereiten lediglich den Boden für die Industriebosse, die anschließend das Territorium übernehmen.

Überzeugungstäter genießen eine gewisse Achtung in unserer Gesellschaft. Da die Verbots-Bosse in die Fußstapfen von Überzeugungstätern treten, bleiben sie lange unverdächtig. Oft werden sie von den Überzeugungstätern noch lange unterstützt. Die Kälber folgen der Trommel, deren Fell aus ihren Häuten hergestellt wird. Dies ist einer der Mechanismen, die das Immunsystem der Informationsgesellschaft angreifen.

Gesellschaftliche Spaltung
Die Absinthhersteller und die Weinbauern waren sich nicht grün. Was das vorteilhaft für die Verbotsindustrie? Absolut! Denn die Verbotsindustrie braucht wie kaum eine andere Industrie Öffentlichkeit. Kaum etwas bringt so viel öffentliche Aufmerksamkeit wie ein gesellschaftlicher Dissens. Heutzutage streiten sich Atomkraftbefürworter mit den -Gegnern, Raucher mit Nichtrauchern, Schlanke mit Dicken, Kampfhundbesitzer mit Nichtkampfhundbesitzern, Waffenliebhaber mit Waffengegnern.

Eine gesellschaftliche Spaltung schützt die Verbotsindustrie zuverlässig davor überhaupt als Industrie wahrgenommen zu werden. Alle sind zu sehr damit beschäftigt, sich mit ihren jeweiligen Kontrahenten zu streiten. Das ist ein weiterer Mechanismus, der das Immunsystem der Informationsgesellschaft außer Kraft setzt.

Sehr wahrscheinlich werden die Dicken als nächtes ins Visier genommen. Die Voraussetzungen sind einfach zu ideal. Es gibt weniger Dicke als Schlanke. Das ist eine Grundvoraussezung, denn mit der Mehrheit mag man sich nicht anlegen. Die Dicken schämen sich. Wer gegen Dicke vorgeht muss daher nicht mit allzugroßer Gegenwehr rechnen. Sie sind sogar noch willigere Opfer als die die Raucher, die sich ja oft pudelwohl in ihrer Haut fühlen. Dazu gibt es noch eine Industrie, die man an den Pranger stellen kann, nämlich die fast- und andere food Industrien.

Studien
Studien sind eine der Einnahmequellen der Vorbotsindustrie. Wer glaubt, dass der Sinn von Studien darin liegt einem Sachverhalt auf den Grund zu gehen hat zwar Recht, wird aber oft enttäuscht.

Wenn man heute die Studie von Richard Doll und Bradford Hill liest, in denen sie 1950 erstmals den Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Rauchen untersucht haben, findet man sich in einer heilen Welt. Diese Arbeit ist von einem wissenschaftlichen Anstand durchsetzt, den sich die Verbotsindustrie heute nicht mehr leistet. Heute wird kaum mehr eine Studie veröffentlich ohne den obligatorischen Zusatz weitere Forschung wird nötig sein um ... Oder anders gesagt: gebt mir noch mehr Geld.

Den wissenschaftlichen Anstand hat die Verbotindustrie auf ein unerträglich niedriges Niveau gedrückt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Zusammenfassung nicht den Forschungsergebnissen entspricht und in der heutigen Informationsgesellschaft liest kaum einer mehr als die Zusammenfassung. So wird ein blutdrucksenkender Effekt schon mal zu einem butdruckerhöhenden Effekt zusammengefasst (wobei natürlich weitere Forschungen benötigt werden, um das Ergebnis abzusichern).

Der rutschige Abhang
Studien sind aber nicht nur eine Einnahmequelle sondern auch ein Mittel um Verbote selbst durchzusetzen. Dabei ist es wichtig, dass die Verbote keinen wirklichen Effekt haben. Wenn ich - sagen wir - Streichhölzer verbieten möchte und der Gesetzgeber stimmt mir zu und Streichhölzer verschwinden vom Mark, dann steht die Verbotsindustrie dumm da, denn das Problem ist ja gelöst. Wieso sollte jemand noch weitere Studien über die Gefahren von Streihhölzern finanzieren wollen, wieso sollte noch jemand in eine Organisation "gegen Streichhölzer" investieren? Und wenn die Verbotsindustrie zuvor von der Streichholzsteuer finanziert wurde hat sie sich jetzt ordentlich ins eigene Fleisch geschnitten.

Nein, die Streihhölzer müssen am Markt bleibeben, sonst beraube ich mich meiner eigenen Geschäftgrundlage. Das lässt sich aber nicht immer erreichen. Wenn so etwas passiert, dann muss ich mich notgedrungen nach einem neuen Geschäftsfeld umsehen und z.B. gegen Feuerzeuge vorgehen.

Diesen Effekt bezeichnet Christopher Snowdon als den rutschigen Abhang ("slippery slope"). Gemeint ist, dass die Verbotsindustrie kein wirklich erreichbares Ziel verfolgt, sondern vor allem daran interessiert ist, ihren Marktaneil auszubauen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Verbotsindustrie irgenswann einmal sagt: nun ist alles verboten, was wir für verbietenswert erachten, wir ziehen uns jetzt zurück. So würden Überzeugungstäter argumentieren, aber keine Industrie.

Verbote
Verbote gelten heutzutage als bemerkenswert ungefählich. Es gibt kein Verbot von Verboten.

Wie wird die Verbotsindustrie vorgehen, um Dicke auszuschlachten? Man könnte die food Industrie dazu zwingen auf Werbung zu verzichten, man könnte sie zusätzlich besteuern und die Steuereinnahmen der Verbotsindustrie zukommen lassen. Man kann Studien in Auftrag geben (und weitere Studien verlangen). Man könnte  auf Warnhinweisen in McDonalds bestehen, die darauf hinweisen dass fast-food Fettleibigkeit hervorruft.

Irgendwann wird der erste Dicke einen Prozess gegen die food-Industrie  gewinnen, weil sie ihn zum Dicken gemacht hat. Den Anwälten läuft jetzt schon der Speichel im Munde zusammen wenn sie daran denken. Und am Ende schneidet man der food Industrie einige Milliarden aus den Rippen, wie beim Master Settlement Agreement mit der Tabakindustrie, die man anschließend zumindest teilweise der Verbotsindustrie zukommen lässt.

Wenn sich die Verbotsindustrie die Dicken vorknöpft müsste sie sich eigentlich die jährlich rund 100 gestorbenen magersüchtigen Mädchen vorwerfen lassen. Aber dagegen ist sie gefeit, denn wenn jemand die Verantwortung an Magersucht trägt, dann das Schönheitsideal, die Modemagazine aber keinesfalls die Verbotsindustrie.

Die Verbotsindustrie ist grundsätzlich für nichts verantwortlich, das ist der Charme an der Sache. Wenn man an die große Zahl von Todesfällen glaubt, die durch Rauchen und Passivrauchen verursacht werden, dann muss das Snus Verbot (rauchfreier Tabak) in der EU zu sehr vielen Todesfällen führen. Diese Todesfälle hat die Verbotsindustrie zu verantworten, aber sie wird nicht als Verursacher wahrgenommen.

Medienviren
Das Marketingkonzept der Verbotsindustrie basiert vor allem auf Medienviren oder Memen. Dabei geht es darum eine Nachricht so zu lancieren, dass sie sich möchst stark vermehrt und verbreitet. Hierbei erfolgt der entscheidende Angriff auf das Immunsystem der Informationsgesellschaft.

Auch ein mündiger Bürger hat keine andere Wahl, als sich über die Medien zu informieren. Wenn es nun gelingt, die Medien derart mit Fehlinformationen zu überschwemmen, dass auch ein intelligenter Mensch immer und immer wieder auf die gleiche Fehlinformation stößt, so wird er diese irgendwann glauben. Die Fehlinformation muss dabei nicht einmal plausibel sein. Es geht einzig und alleine um die Häufigkeit mit der man diese Information findet.

Dabei hilft es emotional bewegende Themen zu besetzten. Kinder werden hierfür gerne eingespannt ("viele Kinder sind zu dick"). Gerne genommen werden auch Todesraten. Der Wahrheitsgehalt der vorgetragenen Thesen spielt dabei kaum eine Rolle.

Empfohlene Reaktion
Wenn jemand vorschlägt etwas zu verbieten, macht man in aller Regel keinen großen Fehler, wenn man ihn als Angehörigen der Verbotsindusrie auffasst und seinem Anliegen misstraut. Menschen die etwas verbieten wollen muss man als extrem verdächtig einstufen. Wird auf eine emotional aufwühlende Art argumentiert wird, dann ist höchste Vosicht geboten.

Vorsicht ist aber bereits geboten, wenn eine neue Gefahr am Medienhimmel erscheint. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es noch etwas gibt vor dem man Angst haben sollte, vor dem aber noch niemand Angst hat.

Wenn auf Studien verwiesen wird, dann lohnt es sich oft diese Studien auch zu lesen, oder sich zumindest die Kritiken der Studien anzuschauen. Wenn behaupten wird ein "Verband" hätte etwas festgestellt, dann sollte man sich vergewissern, dass es diesen Verband überhaput gibt.

Aber wie gesagt: wer sich lieber schnell entscheiden möchte fährt nicht schlecht mit der Devise: er will mir Angst machen, also hat er unrecht.






Montag, 2. Mai 2011

Passivrauchen senkt Blutdruck

Eine Studie der University of Wisconsin fand heraus, dass Passivrauchen bei Kindern blutdrucksenkend wirkt.

In einer Studie berichten die Forscher, dass der Blutdruck bei Jungen, die Passivrauch ausgesetzt waren um 1,6 mmHg erhöht war, bei Mädchen aber um 1,8 mmHg erniedrigt war. Insgesamt ergibt sich somit ein leichter blutdrucksenkender Effekt. In diesem Video stellt Jill Baumgartner, eine der Autoren ihre Ergebnisse vor.

Allerdings ist der Effekt so gering, dass man von einer gesundheitsfördernden Wirkung des Passivrauchens nun wirklich nicht reden kann. Ferner fällt auf, dass der Effekt kaum mit der Dosis korreliert ist. Es wäre zu erwarten gewesen, dass bei Kindern, die besonders stark Passivrauch ausgesetzt sind, sich dieser Effekt verstärkt. Im Grunde hat diese Studie überhaupt nichts herausgefunden.

Um so überraschender ist die Schlussfolgerung am Ende, dass es nämlich erstrebenswert ist, dafür zu sorgen, dass Kinder in einer rauchfreien Umgebung aufachsen. Mag ja sein, aber aus dieser Studie folgt das nicht.

In den Schlagzeilen wurde des blutducksenkende Effekt zu einem blutdrucksteigernden umgemünzt. Der Independent titelt: Passivrauchen - Blutdruckrisiko. Der Guradian und die Daily Mail schreiben: Studie enthüllt: Passivrauchen erhöht Blutdruck bei Jungen.



Sonntag, 1. Mai 2011

Anti-Tabak Organisationen sollen unabhängiger von der Pharma Industrie werden

Dass anti-Tabak Organisationen Geld von der Pharma-Industrie erhalten ist einigen längst bekannt. Dass nun die World Health Organisation (WHO) dieses Problem offen anspricht ist erfreulich.

Die WHO ermahnte Mitarbeiter von anti-Tabak Organisationen, keine allzu engen Beziehungen mit Pharma Firmen einzugehen, die Produkte zur Raucherentwöhnung anbieten, berichtet das British Medical Journal.

Die Warnung wurde letzten Monat anlässlich eines Treffens in Madrid ausgesprochen. Das Treffen war vom National Committee to Prevent Smoking ausgerichtet worden und von Pfizer, GlaxoSmithKline, and McNeil gesponsert worden. Alle diese Firmen stellen Produkte zur Raucherentwöhnung her.

Armando Peruga,  Manager der  Tobacco Free Initiative der WHO, riet den Medizinern "unabhängig zu bleiben und sich nur von wissenschaftlichen Fakten leiten zu lassen".

Richtig so! Die anti-Tabak Bewegungen können wirklich einen zusätzlichen Schuss Seriosität vertragen. Sonst  glaubt ihnen bald niemand mehr - auch nicht in den Punkten wo sie Recht haben.